Der Wachstums- und Entwicklungsprozess vollzieht sich in der Pesso-Therapie in sog. Strukturen. Dies ist der Begriff für die gruppentherapeutische Arbeit des Einzelnen, die ca. 50 Min. lang dauert. Sie beginnt auf verbaler Ebene da, wo der Klient sich innerlich gerade befindet und zielt darauf ab, sein Bewusstsein zu sensibilisieren für die inneren alten Reaktionsmuster (Old Map), die mit seinem aktuellen Problem einher gehen. Oft spüren wir gar nicht, dass uns Menschen wahrnehmen, oder uns zugetan sind, weil wir in unserer frühen Lerngeschichte nicht gesehen worden sind. Unsere Wahrnehmung und unsere inneren Reaktionsmuster auf die Welt sind geprägt von dieser alten verinnerlichten Erfahrung (Wahre Szene), durch die wir das oft schmerzhaft wiederholen, was wir kennen.
Wird diese Wahre Szene im fühlenden Bewusstsein deutlich, tauchen oft assoziativ Erinnerungen an bestimmte Aspekte unserer frühen Lerngeschichte (Historische Szene) auf, die damit verbunden sind. Bedeutsame Personen und damit verbundene bedeutsame interaktionelle Erfahrungen werden mit sog. Platzhaltern in den Raum (auf die Bühne der Struktur) gebracht. Relevante positive (negative) Aspekte dieser Personen als sog. Prinzipien zusätzlich hervorgehoben. Emotionen, die damals nicht erlebt oder ausgedrückt werden konnten, können auf symbolischer Ebene durch die Unterstützung von Schutz, Halt, oder Erlaubnis gebenden Figuren neu durchlebt und im Kontakt ausgedrückt und stimmig verarbeitet werden. Das Prinzip der positiven Umkehrung ermöglich schon frühzeitig dabei, alternative Vorstellungen heilender Interkationserfahrungen als sog. Bookmarker auf der Bühne der Struktur fühlbar werden zu lassen.
Daraus entwickelt sich dann gegen Ende der Struktur in einem weiteren Schritt die heilende Abschlussszene (Antidot), in Form von interaktionellen heilenden Gegenerfahrungen für unser Kindheit, die mit Rollenspielern auf der Bühne der Struktur in symbolisierter Weise erlebt werden können. Diese Passform-Interaktion wird aus der inneren ungestillten Sehnsucht des Kindes heraus erarbeitet und die Rollenspieler stellen dabei genau das zur Verfügung, was das Kind in diesem Alter im interaktionellen Kontakt gebraucht hätte. Darüber kann die zentrale Person genau das erfahren bzw. fühlend in sich aufnehmen, was sie damals als Kind in der Beziehung mit Eltern (“Ideale Eltern”) gebraucht hätte. Mit diesem Schritt schließt der Prozess einer Struktur ab, durch die tiefe Verankerung dieses heilenden Gegenbildes auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene. Mit diesem Vorgehen wird es zwar nicht möglich, die negative historische Szene zu löschen. Stattdessen ermöglicht die Verankerung einer alternativen heilenden Gegenerfahrung die Erinnerung an eine neue Geschichte, die uns auch in Hier und Jetzt andere Möglichkeiten der Wahrnehmung und Interaktion zur Verfügung stellt.
Der Schwerpunkt dieser gruppentherapeutischen liegt dabei auf der absoluten Autonomie und Freiheit des Einzelnen, deren tiefe Achtung wichtiger Bestandteil der Pesso-Therapie ist. Die Klienten können jeden Schritt aus ihrem inneren Erleben heraus entwickeln und haben die Freiheit, ihn so weit zu gehen, wie es für sie stimmig ist.